DINGSda 24.2.-4.4.2008

Rauschend zur naechsten Etappe

Ein Rauschen geht durch die Luft, ein Dröhnen, dass das idyllische Bild des Frühstücks auf dem Bauernhof abschmeckt. Ein Krachen, was die Prise Realität hinzufügt, dem Gefühl der totalen Harmonie auf dem Land mit unseren Freunden. Es ist ein Kampfjet, der von Ramat David abfliegt, heute morgen ist es alle zehn Minuten einer, während wir am Kaffee nippen. Wir wissen nicht, wohin sie fliegen. Hey, ich schreibs ja nur reisserisch, damit es spass macht zu lesen! Also weiter...

Genauso rauscht es auch in unseren Köpfen, denn es war eine intensive Woche, voller Eindrücke und wunderschöner Momente der Gastfreundschaft. Es schlaucht aber auch ein wenig, sich auf so viele Menschen immer wieder einzulassen. Die Freude des Wiedersehens, die Geschichten des Lebens, die bis dahin erlebt wurden, na, und dann unsere Shows. Immer wieder einfühlsame Extravaganz, vor so verschiedenen Menschen. Ich will versuchen mit der Auswahl von Fotos einen Eindruck zu geben, wo wir waren und vor wem wir spielten.

Nach der kleinen Aufwärmung einer einzelnen Nummer in Kfar Yeshoua hatten wir die nächste Einlage im besagten Theater. Es war ein toller Auftritt, der einen angenehmen Beigeschmack bekam, als wir erfuhren, dass der Mensch, den wir auf die Bühne holten und die Weihnachtsmannmütze aufsetzten, der Bürgermeister ist.

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Unsere Freundin Hanita hat dieses Theater neu eröffnet und uns zu dieser Gelegenheit mit anderen Künstler_innen die Gelegenheit gegeben dort aufzutreten.
Es wurde immer wieder beteuert, wie besonders dieser Moment ist, was diese Show den Menschen dort bedeutet. Ein Dorf, in dem in den letzten 30 Jahren wohl kaum ein öffentlicher Auftritt stattgefunden hat. Isoliert von kulturellen Angeboten, im politischen Streit, als Stadt arabischer Einwohner_innen zu Israel zu gehören oder an die Westbank übergeben zu werden wurden wenig Gedanken daran verschwendet, zu feiern. Und für uns ist eine willkommene Gelegenheit, unsere Nummer ein weiteres Mal auszuprobieren.



Ja, und es ist uns aufgefallen, dass wir wirklich oft hinfallen, während der Show. Immer und immer wieder üben wir das hinkrachen. Naja, es geht ja auch darum, sich in dieser Kultur fallen zu lassen, nicht war?



Am Sonntag dann versuchten wir zu unserem Freund Adnan im drusischen Bergstädtchen zu trampen, doch als uns niemand mitnehmen wollte entschieden wir uns doch für den Bus. Es war das typische Bild israelischer Überlandbusse: fast nur Soldaten, die nach Hause oder zur Arbeit fahren. Und manche von Ihnen tragen stolz ihre Maschinengewehre auf der Brust. Oder weniger stolz, weil sie die Gewehre immer tragen müssen. Da kein Platz mehr zum sitzen war setzte ich mich in den Flur, was ein wenig unangenehm war, da der Lauf des Soldaten neben mir ziemlich genau auf meine Brust gerichtet war. Mir blieb also nicht anderes übrig, als in die israelische Gewehrsicherungs-Technologie zu vertrauen.



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Adnan hat uns wieder mal sehr herzlich empfangen. Er hat uns sein Haus gezeigt, mit uns gegessen und auch da kamen, wie wir ihn kennen einige dunklere Themen mit auf den Tisch. Über die (rechtlich verankerte) Diskriminierung der Araber_innen in Israel, die Korruption des Staates und der reichsten Menschen hier. Wie es scheint, schützt Israel einige Millionäre, die hier viel Geld in den Staat investieren, selbst wenn ein auslieferungsantrag Frankreichs besteht.
Die Ökonomie Israels ist, wie es auch neulich in die OECD aufgenommen wurde nach außen hin ganz hübsch, doch das ist viel mehr eine Fassade, die durch Statistikmanipulation geschaffen wird. Für mehr Infos dazu empfehle ich von Shir Hever des Alternative Information Center.



Wir spielten also unsere Show zum ersten Mal als Ganzes in Maghar und wärmten uns so schonmal für den Auftritt am Montag auf, der uns ein komplett anderes, sagen wir temperamentvolles Publikum versprach. Yaara, die Mutter eines Zirkuskindes auf Kfar Yeshoua arbeitet dort und hat uns diese Auftrittsmöglichkeit vermittelt.
Es ist eine Schule mit auffälligen Jugendlichen, die im normalisierten Schulsystem rausfallen und dort einen Platz zu finden suchten. Doch die Lehrer kämpfen mit den knappen staatlichen Zuwendungen, mit der Pädagogik und wir kämpften um unsere Ruhe, als wir uns vorbereiten wollten. Einmal auf der Bühne, war erstaunlich viel Faszination in der Luft, wir spürten den Respekt, der uns geschenkt wurde.

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Den letzten Auftritt feierten wir dann auf der Farm. Uff.

Wir sind also voller Eindrücke, voller Humus und Kaffee und voller Hühnchen von netten Abendessen. Voller Naturbilder und Kuhgeruch, voller Lagerfeuer und Gitarrenklänge. Nur die Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation in Gaza fehlt ein wenig, da die Nachrichten hier so schwierig ankommen. Am Mittwoch entscheidet die Knesset wohl über einen größeren Einmarsch nach Gaza, wobei beim Libanonkrieg 64% der Gesellschaft für eine Invasion war. Was nach dieser schlechten Erfahrung und einigen Demonstrationen in Tel Aviv draus wird bleibt abzuwarten.

Jetzt fahren wir erstmal nach Jenin, und freuen uns dort auf die nächste Station. Anstatt etwa 30 km östlich über die Grenze zu fahren, müssen wir allerdings über Jerusalem fahren. Es klingt absurd, doch es liegt an der institutionalisierten Abschottung der Westbank. In dem Fall liegt es daran, dass alle Checkpoints, ausser dem in Jerusalem, privatisiert wurden und eine Bestätigung der Armee brauchen um uns durchzulassen. Das dauert natürlich Tage in den Mühlen der Bürokratie, weshalb wir jetzt doch Stunden lang nach Tel Aviv-Jerusalem-*CHECKPOINT*-Ramallah-Nablus-Jenin fahren müssen. Es ist also keine direkte Schickane, es ist systematisiert.
Bleibt die Frage, warum die Checkpoints privatisiert wurden... These 1: es gibt nicht mehr genug Soldaten. These 2: So unterliegen sie einem anderen Rechtssystem als die staatliche Armee, was ihnen mehr Freiheiten gibt. These 3: billiger als die Armee. Die Menschen, die dort arbeiten, sind allerdings eindeutig von der Armee ausgebildet worden, teilweise noch von der Armee und größtenteils aus Kampftruppen rekrutiert, wie uns gesagt wurde.

Und so rauschen wir über die Strassen zur nächsten Station...

Neuigkeiten und News

Die Nachrichten über Gaza und den Süden Israels in den Medien überschlagen sich, während wir hier im Norden mit unseren Freunden trainieren. Es ist schwer den Durchblick zu haben, was unten passiert, abgesehen, der steigenden Zahl Verwundeter und Sterbender, die hier die Schlagzeilen bestimmen.
Wenn es kein Internet gäbe wüssten wir allerdings nichts davon, denn hier wird wenig darüber gesprochen, wir fühlen uns sicher, es geht uns gut. Zynischer Weise können wir sogar behaupten sehr bewacht zu werden, da wir direkt neben einem der größten Militär-Airforce Basen Israels sind: Google Maps
Differenzierte Newsseiten über die Lage zu finden ist schwierig, ich möchte an dieser Stelle nur Haaretz empfehlen. Tiefere Analysen könnte mensch unter AlternativeNews finden, wobei die weniger Tagesberichte bringen.

Ja, die Lage der Region ist traurig. Doch was wir hier erleben sind sehr schöne Momente der Freundschaft und der Gemeinsamkeit.

Schreibt eure Kommentare und Wahrnehmungen, wir freuen uns über jede Nachricht.

der Jean

Über die DingsDAisierung Israels

Es war ein strahlend blauer Mittwoch, als Anne Timm (24), Ramon Krüger (28) und Jean Peters (23) sich ohne Bedenken auf den Weg zur Bushaltestelle machen um von Jerusalem in den Norden Israels zu fahren. Etwas naiv vielleicht, denn ohne eine ordentliche Portion Durchsetzungsvermögen hätten Sie es nie geschafft.

Nein, dies is keiner der zahllosen Spiegel Artikel, dies ist der dritte Eintrag im Blog der Circolibrinos, der DingsDA-Crew, der naja, irgendwie der drei da halt. Was ist denn so schwierig daran, sich durch Israel zu schlagen? Es ist do eine offenherzige Kultur - nicht nur die ständigen Röntgen-Sicherheitskontrollen sind daran interessiert, was wir mit Stelzen wollen - hilfsbereite Menschen, liberal im Denken und praktisch im Handeln. Und genau da "stellt" sich das Problem: in den Warteschlangen.
Sei nie höflich! Lasse niemanden vor. Bestehe auf dein Recht, selbst wenn du es nicht kennst. Erfinde ein neues. Wenn du unbedingt höflich sein willst, dann warte bis alle Tickets verkauft sind und gehe wieder nach Hause. Doch dann denken alle, du seist halt ein bisschen komisch. Selber Schuld.

Wir haben also auf unser Recht bestanden jetzt auch mal dran zu sein, selber ein klein bisschen gedrängelt und tatsächlich einen Platz im Bus gen Norden bekommen. "HAAAALT!" hier wollten wir doch raus. Immer aufmerksam bleiben, nicht betuppen lassen, dann geht alles gut.

Hier angekommen, spüren wir dafür das Gemeinschaftsgefühl surplus! Am ersten Abend wussten wir zwar nicht wo wir schlafen würden, wussten aber, dass wir sechs Möglichkeiten hatten. Wir haben uns schließlich aufgeteilt: ich (bin der Jean) im Bauwagen der "ersten Biofarm Israels", Anne bei unserer Trapez-Freundin Einav und Ramon bei Ben, der eine Weile in Berlin bei Karl wohnte. Wir gewöhnen uns dran, Angebote abzuschlagen.

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Doch nicht, was Auftritte angeht - wir haben für fast jeden Tag schon möglichkeiten unsere Show, oder zumindest einzelne Nummern daraus, aufzuführen. Das geht dann zum Beispiel so:

Jean:"Eine Pfund Gurken und ne Packung Eier bitte."
Biofarm-Verkäuferin: "Hier. Seid ihr vom Zirkus?"
"Ja."
"Wollt ihr nicht bei uns spielen?"
"Hmm,... klar. Warum nicht. Wann denn?"
"Erst schon mal Dienstag. UNd dann könnten wir noch ein großen Markt hier organisieren und alle umliegenden Dörfer einladen,... also dann nochmal in etwa nem Monat. Ok?"

Und so haben wir schon mal den Flyer gedruckt, für unsere DingsDA Show, vom Circus aus Berlin für Kinder zwischen 4 und 99 Jahren.


Auf der Fahrt in den Zirkus...

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vorm Zirkus


Blick auf die Bühne von vorn

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von hinten

Samstag spielen wir zur Neueröffnung des "Friedenstheaters" der Ex-Freundin von David Sie sagte, es sei in einer eher arabischen Stadt in der Nähe von Um El Fachem, die seit langem im Streit liegt, da disskuttiert wird, ob die Mauer so gebaut wird, dass sie noch zu Israel gehört oder eben nicht. Nun gut, und in dieser Atmosphäre eröffnet sie das erste kulturelle Zentrum der Stadt.

Sonntag spielen wir im Drusischen Bergdorf Maghar, wo uns unser Freund und Partner Adnan empfängt, Montag in einer Lernbehinderten-Schule oder so, und jetzt gleich, in ner halben Stunde hier in Kfar Yehoshua. Also los! Ich muss mich umziehen.

Ich fasse zusammen: Es geht uns gut. Wir trainieren viel, genießen die Menschen am Tage im Sonnenschein und am Abend mit Mückenstichen, es kommen immer wieder mal zähe Themen des auf, wie Armeepflicht, Olmerts Politik usw, doch selten, wenn wir nicht danach fragen. Und ich kann schon ein klein wenig mehr als das C auf der Trompete.

Nach dem Auftritt füge ich noch n paar Bilder ein,

der Jean (Delegierter von Ramon und Anne)

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Berliner Jugendgruppe vom Shake! zu Besuch in Nordisrael +++++++ 5.-17. April 2009 +++ Neuigkeiten hier...

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